Bern West braucht einen Feuerwehrstützpunkt

Die im Berichtsjahr 01 geleisteten 2'567 Einsätze verzeichnen gegenüber dem Vorjahr (2'653) eine geringfügige Minderung der Interventionstätigkeit um 86 Einsätze oder 3.2%. Wie bereits im Vorjahr entsprechen die geleisteten Einsätze einem theoretischen Durchschnitt von gut sieben Ausrückungen pro Tag.

Auf dem Gemeindegebiet mussten insgesamt 4 (2) Grossbrände bekämpft werden. Davon betroffen waren ein Wohnhaus in Ausserholligen, ein Industriebetrieb in Brünnen, ein Wohnblock an der Elisabethenstrasse sowie ein Lagerhaus in Bümpliz-Süd. Beim Grossbrand in Ausserholligen, einem Wohnungsbrand an der Stauffacherstrasse und einem Autobrand nach Selbstunfall in der Schosshalde erlagen 3 (1) Menschen ihren schweren Brandverletzungen.

Bei weiteren 3 (1) Grossbränden wurde die Berufsfeuerwehr zur Hilfeleistung in ihr Stützpunktgebiet gerufen. Dabei handelte es sich um Vollbrände von Bauernhöfen in Bösarni bei Utzigen (Vechigen) und Oberscherli (Köniz) sowie einen interkantonalen Einsatz mit der Rega bei einem Grossbrand im Silo einer Mühle bei Leibstadt/AG. Als Zeichen der Hektik der heutigen Zeit schlagen wiederum die äusserst zahlreichen Interventionen bei Verkehrs- und Arbeitsunfällen zu Buche, die - in Zusammenarbeit mit der Sanitätspolizei und der Rega - zur Befreiung und Bergung von Schwerverletzten und Toten in der Stadt, Region und auf dem Nationalstrassennetz erbracht werden mussten.

Im Nachgang zu den Terroranschlägen in New York versuchten sich zudem sogenannte Trittbrettfahrer im Bio-Terror. Mit allen nur erdenklichen weissen Pülverchen verbreiteten sie auch in der Stadt Bern gegenüber Personen und öffentlichen Einrichtungen Angst und Schrecken. Sämtliche von der Chemiewehr sichergestellten, angeblich mit dem Milzbrand verursachenden Anthrax verseuchten Gegenstände erwiesen sich jedoch nach eingehenden Laboranalysen als negativ. Die Zahl der Einsätze verteilte sich sehr ungleich auf die verschiedenen Monate. Hatte die Berufsfeuerwehr im Juni 302 bzw. im August 358 Ausrückungen zu verzeichnen, waren es im Februar nur deren 127. Diese Unterschiede sind jedoch alljährlich feststellbar und auf die klima- und wetterbedingte Beeinflussung des Einsatzgeschehens (Insekten, Schnee-, Wasser-, Sturm- und Blitzschäden) zurückzuführen. Im Gemeindegebiet rückte die Berufsfeuerwehr im vergangenen Jahr zu 355 (Vorjahr 265) Brandfällen aus. Bei weiteren 33 (29) Bränden leistete sie ausserhalb der Gemeinde - im Rahmen ihrer Stützpunktverpflichtung - Hilfe. Die Anzahl der Brandfälle erhöhte sich somit 2001 um rund einen Drittel, was auf die rapide Zunahme von Kleinbränden zurückzuführen ist.

Der Anteil der Brandbekämpfungen machte rund 15% der 2001 gesamthaft geleisteten Einsätze aus, was im Vergleich mit dem langjährigen Mittel als eher hoch eingestuft werden muss. Aufgrund von automatischen Alarmanlagen erfolgten 910 (888) Ausrückungen. Davon erwiesen sich 179 (32) als Echtalarme, die eine Intervention durch die Einsatzkräfte notwendig machten. Von den insgesamt 1'294 (1'279) Hilfeleistungen entfielen 1'250 (1'231) auf das Gemeindegebiet. In 44 (48) Fällen wurde ausserhalb der Gemeindegrenzen Hilfe geleistet. Die zugunsten der Gemeinde Bern erbrachten Dienstleistungen haben sich im Berichtsjahr um 109 auf 115 (224) vermindert. Ins bedenkliche Kapitel der erfolgten Milzbranddrohungen eingereiht werden müssen letztendlich auch die im Berichtsjahr bei der Feuerwehr-Einsatzleitzentrale eingegangenen 39 (0) mutwilligen Falschmeldungen, mit denen offensichtlich versucht wurde, die Feuerwehr zum Narren zu halten.

Die kritische Grenze im Einsatzradius der Berufsfeuerwehr Bern liegt im Westen der Stadt beim Weyermannshaus Viadukt: Westlich davon liegende Einsatzorte erfordern in der Regel bereits über zehn Minuten Einsatzzeit. Bei der Lebensrettung und Brandbekämpfung kommt es auf Minuten an. Nach dem Grundsatz "Besser wenige Leute früh als viele Feuerwehrmänner zu spät am Einsatzort" hängen deshalb entscheidende Kriterien mit der 10-Minuten-Formel zusammen. Je später die Feuerwehr auf dem Schadenplatz eintrifft, desto grösser wird der Feuerschaden. Fahrzeiten von Rettungsfahrzeugen hängen stark von Verkehrsdichte und Witterung ab.

Zwar ist mit der Aufrüstung der Feuerwehrkompanien Bümpliz und Bottigen eine deutliche Verbesserung eingetreten. Doch mit dem Bau von "Westside" - MIGROS Brünnen, der neuen Wohnsiedlung in Brünnen und der Verdichtung in der Wangenmatt/Obermat/Juch muss die Sicherheitssituation im Westen überprüft werden. Die Bevölkerung im Westen der Stadt (32'000) und die hier Arbeitenden (15'000) haben Anspruch auf die selbe Qualität der Hilfeleistung im Notfall, wie diese für die andern Stadtbewohnerinnen bereitgestellt wird.

Laut Urs Hänni, Kommandant der Berner Feuerwehr, ist ein
Grundsatzentscheid des Gemeinderates betreffend Feuerwehrstützpunkt Bern West auf Anfang 2002 zu erwarten.

«Kostenneutrale Variante»
Bei seinem Chef, Polizeidirektor Kurt Wasserfallen, findet Hänni ein offenes Ohr für sein Anliegen: «Ich bringe den Feuerwehrstützpunkt Bern West im Februar in den Gemeinderat», erklärt Wasserfallen auf Anfrage. Der Vorsteher der Direktion für öffentliche Sicherheit (DSI) will damit «insbesondere im Hinblick auf die Überbauung Brünnen» die Sicherheit im Westen erhöhen.
Über Standort und Kosten kann oder will der Polizeidirektor noch keine Angaben machen. Immerhin: «Der Stützpunkt soll mit dem bestehenden Personal bedient werden», sagt Wasserfallen. Abgesehen von den Ausgaben für Gebäudemiete oder -kauf sollen keine Mehrkosten entstehen. «Jetzt ist der Zeitpunkt für einen Grundsatzentscheid zur Feuerwehr gekommen», sagt Wasserfallen. Der Applaus aus dem Quartier dürfte dem umtriebigen Polizeidirektor sicher sein: Die Quartierkommission Bümpliz/Bethlehem (QBB) forderte bereits vergangenen August vom Gemeinderat, das jahrzehntealte Anliegen im Hinblick auf die Überbauung Brünnen endlich zu realisieren.


«Bedarf unbestritten»
Der Polizeidirektor ist sich bewusst, dass seine Ausbaupläne dem gemeinderätlichen Sparauftrag zuwider laufen. Gemäss Portfolio-Analyse müsste die Berufsfeuerwehr 2002 rund eine Million Franken einsparen. «An der Sicherheit mache ich keine Abstriche», hatte Wasserfallen anfangs November gegenüber der Presse seine Verweigerung des Sparauftrags begründet. Fast scheint es, als ob das Sicherheitsargument heuer bei der zuständigen Stadtratskommission mehr Gehör findet als im letzten Jahr: «Der Bedarf nach Feuerwehrpräsenz in Bern West ist unbestritten», sagt Margrith Beyeler (SP) von der Finanzkommission. Der Status quo sei nicht perfekt. «Wenn Wasserfallen einen neuen Standort hat, soll er ihn ruhig präsentieren.» Es sei indes klar, dass es «keine Luxuslösung» sein dürfe, betont Beyeler

 

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